Von den Clubs und Pubs im Cardiff der 90er geht es mit dem Buchstaben I meines Film-ABCs direkt mit Justin Timberlake, Amanda Seyfried, Olivia Wilde und Cillian Murphy in die Zukunft. Vorhang auf für In Time:
In Time – Deine Zeit läuft ab
In einer Zukunft, in der jeder Mensch aufhört mit 25 zu altern, aber alle genetisch so konstruiert sind, dass sie nach ihrem 25. Geburtstag nur noch ein Jahr zu leben haben, wenn sie ihr Zeitkonto nicht auffüllen, ist Zeit die neue Währung. Als Will Salas (Justin Timberlake) von einem ihm fremden Mann 100 Jahre geschenkt werden und dieser kurz darauf stirbt, wird Will des Diebstahls und des Mordes beschuldigt. Mit den Timekeepern im Genick und nach der Beschlagnahmung seiner Zeit nur noch Stunden auf seiner Lebensuhr, nimmt Will die reiche Sylvia Weis (Amanda Seyfried) als Geisel und flieht…
Moderner Robin Hood
Ein Pärchen auf der Flucht, dass sein Diebesgut (in diesem Fall Zeit) den Reichen klaut und es denjenigen gibt, die wenig haben. Dabei hört man öfter Sätze wie „Ist es denn Stehlen, wenns gestohlen ist?“ Das kommt einem alles sehr bekannt vor, schließlich gab es da im Mittelalter doch einen Helden in grün, der mit seinen Kollegen genau das gleiche getan hat.
Ist „In Time“ damit nichts weiter als eine moderne Variante von Robin Hood? Ja und nein. Die Grundprämisse ist 1:1 aus Robin Hood übernommen worden, das stimmt. Andererseits ist das Setting recht originell und unverbraucht, auch wenn es durchaus vorstellbar ist, dass Regisseur und Drehbuchautor Andrew Nicol den Kurzfilm The Price of Life aus dem Jahr 1987 oder evtl. auch Logan’s Run (1976) gesehen hat.
Schwachstelle in der Handlung
„In Time“ krankt ein wenig an einigen Schwachstellen in der Handlung, die im letzten Drittel des Filmes auftreten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Szene, in der die Zuschauer erfahren, dass Will eine Stelle als Bodyguard bei Sylvias Vater bekommen hat, der an der Suche nach Will und seiner Tochter beteiligt ist. Zu dem Zeitpunkt ist das Gesicht von Will gemeinsam mit dem von Sylvia schon in allen Nachrichten zu sehen. Wie soll man da glauben können, dass Will den Job bekommen hat, wenn die Bodyguards ihn zum Teil sogar bei der Geiselnahme gesehen haben (von Sylvias Vater ganz zu schweigen)? Konnten die ihn nicht erkennen, weil er sich diabolisch maskierte, indem er eine Sonnenbrille aufgesetzt hat?
Was man auch noch bemängeln könnte, ist die Inaktivität von Sylvias Mutter. Ihr Vater hat wenigstens versucht, die Timekeeper zu bestechen und auch nicht versucht, Will und sie festzuhalten, nachdem sie ihn überfallen haben. Ihre Mutter tritt nach ihrer Vorstellungsszene im Casino noch genau einmal auf. In ihrer letzten Szene wirft sie ihrem Mann vor, dass er ihre Tochter und auch sie erdrücken würde. Danach ward sie nie wieder gesehen. Hilfe für ihre Tochter, obwohl sie sie angeblich doch versteht? Null.
Der letzte Punkt ist eher ein persönliches Problem, das ich mit manchen Filmen habe. Warum muss es in letzter Zeit immer wieder offene Enden geben? Mir ist schon klar, dass die Antwort: „Damit die Produzenten bei Bedarf (also wenn der Film Geld gebracht hat) einen zweiten Teil machen können“ lautet, aber schön langsam vermisse ich die Zeiten, in denen vor allem Science Fiction- und Fantasyfilme nicht mit Gewalt auf eine Filmreihe hingetrimmt wurden (wobei ich die Avengers hier dezidiert nicht meine – da ist nämlich jeder Film in sich abgeschlossen).
Und nein, die Frage, warum ein junger Mann aus dem Ghetto um sich schießen und im Nahkampf verteidigen kann wie ein ausgebildeter und steroidgetränkter Super-Soldat, stelle ich erst gar nicht. Tut der Film schließlich auch nicht.
Alle sind hier cool und jung
Okay, dass bei der Filmprämisse nicht gerade viele 80-Jährige durch die Gegend springen werden, ist klar. trotzdem dringt dem Film die Coolness geradezu aus allen Poren. Dabei fällt auf, dass selbst die angeblich armen Menschen in den Ghettos eigentlich verdammt gut angezogen sind, wenn man die Lage bedenkt, in der sie sich befinden. Ja klar wollen die auch nicht in sack und Asche herumlaufen, aber Markenklamotten für alle ist dann doch ein wenig übetrieben. Ein echtes Ghetto hat Andrew Nicol also bestimmt noch nie gesehen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass – Achtung, Spoiler – die Mäctigen die Lebenserhaltungskosten (eine Busfahrt kostet zum Beispiel zwei Stunden von der Lebensuhr) absichtlich immer synchron erhöhen, um so eine zu starke Überbevölkerung zu verhindern und die Leute schlicht sterben zu lassen.
Fazit zu „In Time“
„In Time“ ist ein wenig ein Film der verschenkten Möglichkeiten. Kein Zweifel, er ist ein guter, unterhaltsamer Science Fiction-Thriller. Er hätte aber, wenn man seine Schwächen ausgebügelt hätte, wirklich großartig werden können