Zoo von Robinson Devor |
Enumclaw ist ein verschlafenes Nest im US-Bundesstaat Washington. Der Ingenieur Kenneth Pinyan stirbt an inneren Blutungen im Darmbereich, nachdem er Sex mit einem Hengst hatte. Das zuvor so idyllische Fleckchen wird zum Schauplatz eines Medienskandales ungeahnten Ausmaßes. Pinyans Tod führt zur Aufdeckung einer Gruppe Gleichgesinnter. Diese lernten einander im Internet kennen und wurden Freunde. Sie nennen sich selbst Zoophile und leben ihre Neigung auf einer Ranch aus, verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit. Dabei betonen diese Menschen, dass sie nicht nur die sexuelle Lust verbinde, sondern eine umfassende Liebe und Zuneigung zum Tier selbst…
Zoo von Robinson Devor
Der letzte Buchstabe in meinem Film-ABC sollte schon etwas Besonderes sein. Und was würde sich da mehr anbieten, als Robinson Devors essayistischer Dokumentarfilm über eine Gruppe von Männern, von denen einer an massiven Verletzungen im Enddarmbereich verstorben ist, nach dem er sich von einem Hengst vernaschen ließ? Eben.
„Zoo“ von Robinson Devor lässt sich nur schwer mit anderen Dokumentationen vergleichen. Das liegt weniger am Inhalt, sondern vielmehr an Devors Herangehensweise. Robinson Devor legt hier nämlich weniger Wert auf die direkte Vermittlung von Fakten und viel mehr auf ästhetische Bilder. Wenn man sieht, wie Kameramann Sean Kirby langsam die einzelnen Pferdekoppeln abfilmt oder nur einen Mann in inniger Umarmung mit einem Pferd vor schwarzem Hintergrund, dann wird hier eine schon fast träumerisch langsame Atmosphäre erzeugt, die von der Musik in einigen Szenen hervorragend unterstützt wird.
Bei der Musik fangen die Probleme des Filmes aber auch schon an. Denn während sie – wie gerade erwähnt – in einigen Szenen die Atmosphäre unterstützt, zieht sie den Zuschauer bei manchen Sequenzen nicht nur runter, sie wirkt auch störend, wenn man sich eigentlich auf das Gesagte konzentrieren möchte und es schlicht nicht kann, weil einem ständig dieses eintönige Gedudel durch den Gehörgang schwirrt.
Anfangs ist es auch sehr schwierig, „Zoo“ zu folgen. Ich habe mich zuvor absichtlich nicht mit Mr. Hands und seiner Vorliebe für Hengste beschäftigt, schließlich sollte eine Dokumentation schon in der Lage sein, den Zuschauer ausreichend ins Bild zu setzen. Ich habe mich in der ersten halben Stunde (also fast die Hälfte der Laufzeit lang) ziemlich verloren gefühlt. Ständig gab es nur indirekte Andeutungen, aus denen man sich mühevoll das Geschehene zusammenklauben muss. Das ist zwar bei einem Krimi äußerst spannend, bei einer Dokumentation kann das aber mitunter sehr anstrengend werden.
Kritische Rückfragen? Fehlanzeige!
Das dritte – und in meinen Augen wesentlich schwerwiegendere – Problem ist das Fehlen von jeglichen kritischen Rückfragen an die an dem Sodomie-Vorfall beteiligten Menschen. Es ist gut und schön, dass Devor eine Vorverurteilung der beteiligten verhindern möchte, aber es ist ebenso grob fahrlässig, jede Art von objektiver Auseinandersetzung mit der Thematik zu verhindern, indem man sie stets nur einseitig betrachtet und nur solche Meinungen zulässt, die besagen, dass es zu diesem Zeitpunkt kein Gesetz gegen Sodomie in Washington gab und sie alle doch völlig harmlos seien. Das kann man durchaus so in den Film aufnehmen, keine Frage. „Zoo“ lässt das aber alles einfach so stehen, als ob diese Aussage nicht zumindest hinterfragenswert wäre. Dabei hätte es genügend Gelegenheiten dafür gegeben, zum Beispiel erzählte einer der Protagoniste, dass er – nach dem Bekanntwerden seiner Vorlieben – nicht nur seine Arbeit, sondern auch die Freundschaft seines ehemaligen Chefs verloren habe. Hier hätte man sehr gut einhaken können, indem man ihn einfach fragt, weshalb er denkt, dass die Menschen ihn nun anders beurteilen als zuvor, um dann eben das Gespräch darauf zu lenken, ob der Betroffe sich selbst für „anders“ hält und warum er das (nicht) tut.
Eine weitere Möglichkeit wäre es gewesen, zu recherchieren, ob es eventuell Psychologen oder andere Experten gibt, die sich mit dem Thema bereits befasst haben und die erklären könnten, wie sich eine solche doch sehr spezielle sexuelle Vorliebe entwickeln kann. Die einzige „Gegenstimme“, der wenigstens etwas Raum gegeben wird, ist die von Jenny Edwards, welche damals die Pferde im Auftrag der Behörden von der Ranch abgeholt hat. Die ist aber keine Expertin im Bereich der Sodomie und hat außer Sätzen wie „Er sah für mich aus wie ein Kinderschänder“ nicht sehr viel beizusteuern. Fast könnte man meine, dass Edwards absichtlich der einzige auftretende Mensch mit anderslautender Meinung ist, dammit man so zeigen kann, wie kaltherzig die armen Zoophilen vom Rest der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Weiters hätte man auch die Stimmen der damals ermittelnden Behörden einholen können. All diese Dinge wären möglich gewesen, ohne die Atmosphäre der Dokumentation zu verändern. Geschehen ist aber – abgesehen von ein paar kurz gehaltenen Stimmen aus dem Off, bei denen oft nicht einmal erklärt wird, um wen es sich handelt – nichts dergleichen und so bleibt die Behandlung des Themas einseitig und damit oberflächlich.
Fazit zu Robinson Devors „Zoo“
Eine ästhetisch gefilmte Dokumentation und Devor wagt sich hier an ein sehr kontroverses Thema heran. Leider weist der Film nicht zu leugnende inhaltliche und formale Schwächen auf.