John Sinclair – Das Engelsgrab |
Titel: Geisterjäger John Sinclair – Das Engelsgrab
Autor: Jason Dark
Verlag: Bastei Lübbe, 158 Seiten, 1998, 50 Schilling
Geisterjäger John Sinclair – Das Engelsgrab
Der elfjährige Toby Cramer ist ein Schlafwandler, der immer dann zu seinen unbewussten nächtlichen Ausflügen aufbricht, wenn gerade Vollmond ist. Da kann es schon passieren, dass er auf das Dach des Hauses klettert, in dem er mit seiner Mutter wohnt. Gott sei Dank hat Toby einen Schutzengel, der ihn mit schöner Regelmäßigkeit rettet. Doch diesmal ist etwas Entscheidendes anders. Seine Beschützerin bittet Toby, bei Vollmond in Zukunft nicht mehr alleine zu schlafen und das Fenster geschlossen zu halten, da sie in Zukunft nicht mehr für ihn da sein kann. Toby fragt, warum dies so ist und erhält als Antwort, dass der Engel von einer bösen Macht gejagt wird, die ihm wohl noch in dieser Nacht den Garaus machen wird. Toby kann das überhaupt nicht verstehen, er will seinen Engel retten. Es gelingt Toby, seine Mutter davon zu überzeugen, dass er die Wahrheit sagen könnte. Wie es der Zufall (oder Jason Darks Faulheit) so will, arbeitet diese in der Telefonzentrale von Scotland Yard. In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an den dort arbeitenden Geisterjäger John Sinclair. Dieser glaubt ihr, da er in der Vergangenheit bereits öfter mit Engeln zu tun hatte. Als sein Freund Suko und John dahimterkommen, dass in letzter Zeit immer mehr Engel sterben und diese zu jagen begonnen hat, begreifen sie schnell, was auf dem Spiel steht. Der Drahtzieher ist niemand anderer als ihr alter Erzfeind Belial…
John Sinclair – Das Engelsgrab – Ein Vergleich zwischen Serie und Buchvorlage
Das Taschenbuch „Das Engelsgrab“ war die Vorlage der Folge „Engelsgrab“ der John Sinclair RTL-Serie aus dem Jahr 2000. Ich möchte allen Lesern empfehlen, dass sie sich – bevor sie hier weiterlesen – mein Review zu dieser Folge auf badmovies.de durchlesen: Geisterjäger John Sinclair: Engelsgrab. Ich warte dann mal, bis ihr damit fertig seid.
*wart*
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So, alles gelesen? In den folgenden Absätzen soll es um die Unterschiede zwischen der TV-Umsetzung und dem Original gehen. Das Auffälligste zuerst: Die Änderungen an der Beziehung zwischen Toby (der in der Serie Chris heißt) und seinem Engel. Ganz ehrlich, die ganzen Änderungen welche das Verhältnis der beiden zueinander beeinflussen (hier ein elfjähriger Junge, der sich um seinen Schutzengel sorgt, dort ein notgeiler Teenager, der selbigen besteigen will*), hätte man sich getrost schenken können, vor allem, da es hier nicht um die Kosten gegangen sein kann: Im Buch wie in der Serie gerät der Junge in Gefahr, allerdings ist es ein Unterschied, ob es unabsichtlich durch sein Schlafwandeln oder mit voller Absicht, weil er sein Leben „langweilig“ findet, passiert, da er durch seine Unschuldigkeit an der Situation in Szenario Nummer 1 eben nicht wie der absolute Volltrottel dasteht, der er in der Serie ist (das war der längste Satz des Reviews, versprochen!). Es wirkt im Buch auch sehr viel besser, wenn der Engel Toby bei ihrem letzten Aufeinandertreffen darum bittet, in Zukunft darauf zu achten, dass das Fenster bei Vollmond geschlossen bleibt, anstatt zu hören, wie ihm sein Engel sagt, dass er schon zu oft ein leichtsinniger Volldrömel war und er ihn jetzt verlassen muss. Das klingt dann nämlich so, als ob die arme Engelin gleich noch sagen würde, dass sie jetzt dringend etwas Urlaub gebrauchen könnte bei ihrem undankbaren Job und wird schlicht der Situation nicht gerecht.
Belial oder Samael (mit einem kleinen Exkurs)?
Warum hat man eigentlich den Namen des Antagonisten geändert? Belial taucht bei Sinclair durchaus öfter auf und es wäre sinnvoll gewesen, dies beizubehalten, da man ihn so als wiederkehrenden Schurken hätte aufbauen können. Außerdem hat Samael in manchen Geschichten auch durchaus positive Funktionen, so erscheint er im hebräischen Henochbuch als Schutzengel über Rom. Und ja ich weiß, dass Samael in anderen Quellen als explizit „böser Verführer“ und „Todesengel“ bezeichnet wird. Trotzdem bleibt die Frage: Warum Samael nehmen, wenn Belial in jeder Quelle als verachtenswerter Dämon geschildert wird, dessen Name gemeinhin mit „Nichtsnutz“ übersetzt wird, der außerdem einer der wichtigsten Höllendämonen und auch bei Laien fast genauso bekannt wie Samael ist? Kann es sein, dass ich mir gerade mehr Gedanken über dieses Detail mache, als Jason Dark und Drehbuchautor Felix Meyer zusammen?
Der Engel Claudine
Eine weitere Änderung zum Schlechten hat Felix Meyer bei der Nebenfigur Claudine vorgenommen. Diese betrifft vor allem ihr Ableben. Während sie in der TV-Version nachdem sie John gesagt hat, dass die Engel in Aufruhr sind, einfach aus der Anstalt abhaut und dann in dem Autobuspub abgemurkst wird, gibt es Claudine im Buch (die – was die Romane angeht – meines Wissens schon zuvor im Sinclair-Universum aufgetaucht ist) auch, allerdings wird sie – wohl aufgrund ihrer Fähigkeiten – nach ihrem Tod zu einem Engel. Man hätte hier eventuell etwas zum Ausdruck bringen können, was meiner Meinung nach im Buch nicht ganz klar gesagt wird, nämlich ob Claudine jetzt eventuell der neue Schutzengel von Toby/Chris ist. Aber nein, es ist ja viel besser, wenn Claudine einfach um die Ecke gebracht wird, ohne dass ihr Auftritt auch nur irgend einen Sinn gehabt hätte, was? Ganz ehrlich, was sollen diese Änderungen, die – ich weiß, ich wiederhole mich – keine budgetären Gründe haben können, weil sie allesamt nur den Charakter der verschiedenen Figuren betreffen? Das macht einfach keinen Sinn, vor allem weil die Serie hier einfach Sachen gekürzt hat, die den Figuren die Tiefe verleihen, welche man an anderen Stellen den Sehern immer vorheucheln wollte!
Die Sache mit den Schaufensterpuppen
Für die Serienfolge hat man ja inflationär Schaufensterpuppen eingesetzt, da die Engel ja anscheinend immer in eine solche steigen müssen, um sich auf Erden bewegen zu können. Dass das eine blöde Idee ist, habe ich ja schon in meinem Badmovies-Review gesagt. Im Buch habe ich nun die Stelle gefunden, die offenbar „Schuld“ an dieser Idee des Drehbuchautors war. In dem Kapitel, in welchem John und Suko den toten Schutzengel finden, wird nämlich zweimal erwähnt, dass dieser wie eine solche aussieht. Dort steht z.B.: „Der Engel lag dort wie eine zurückgelassene Schaufensterpuppe.“ Der Drehbuchautor hat das offenbar als „Der Engel IST eine zurückgelassene Schaufensterpuppe“ verstanden. Wenn man nicht einmal sinnerfassend lesen kann, sollte man das Drehbuchschreiben als Beruf lieber nicht ausüben.
Jason Darks Schreibstil
An dieser Stelle lassen wir die Serie mal Serie sein (der Showdown ist auch anders, aber das ist mir jetzt erstmal egal) und wenden uns dem Buch selbst zu. „Engelsgrab“ ist nämlich ein hervorragendes Beispiel dafür, was an Darks Schreibstil gut und was völlig daneben ist. Der Roman beginnt auch gleich mit einer Szene, die ein Verleger jedem (Möchtegern-)Schriftsteller wutentbrannt um die Ohren hauen würde. Der Leser erfährt, dass Toby Schlafwandler ist und dass er soeben im Begriff ist, genau dies zu tun (nämlich schlafwandeln). Toby geht von seinem Bett zum offenen Fenster in seinem Zimmer. Für diese maximal fünf Meter braucht Jason Dark geschlagene vier Seiten. Auf vier Seiten erfahren wir, welches Spielzeug Toby hat, wieviele selbst gebastelte Hubschrauber in seinem Zimmer von der Decke hängen und dass er ein kleiner Träumer ist. Wir erfahren nur nicht, wieso er wie ferngesteuert aus dem Fenster und auf das Dach des Hauses klettert. Gleich danach kommt aber eine sehr gut geschriebene Szene, in der Toby seine Mutter davon überzeugen will, dass seinem Engel bald etwas passieren wird (komischerweise ist diese ein Dialog, der keinerlei Zeit totschlägt und sofort zum Punkt kommt. Ein gutes Beispiel für Darks Zeilenschinderei ist auch die Auffindung der Leiche durch John und Suko, bei der uns Dark allen Ernstes damit aufhält, dass er uns erklärt, wie viele Bäume auf dem Friedhof stehen und wie hoch das Gras dort ist! Dabei könnte man schon aus der Haut fahren und brüllt mehr als einmal innerlich, dass der Herr Autor endlich mal zum Punkt kommen soll.
John Sinclair – Das Engelsgrab: Ein Buch mit Längen
Gute und schlechte Szenen halten sich in etwa die Waagschale, insgesamt ist „Das Engelsgrab“ eines der unterhaltsameren Sinclair-Taschenbücher. Außerdem ist es um Längen besser als die Verfilmung.
Manchmal braucht es etwas, bis man in den Weiten des Netzes auf den zweiten Zuschauer trifft, der die Sinclair-TV-Serie gesehen hat. Hatte die Folge gerade wieder beim Wickel und nein, auch beim ReWatch wird sie nicht besser. Vielleicht kannst Du im Zuge dessen auch meinem Beitrag zur Thematik etwas abgewinnen 😉
http://kopfundkino.blogspot.de/2015/01/geisterjager-john-sinclair-braucht-noch.html
LG,
Rob
Kopf & Kino
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