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Gravity von Alfonso Cuarón |
Dr. Ryan Stone (Sandra Bullock) befindet sich gemeinsam mit dem Astronauten-Veteran Matt Kowalski (George Clooney) auf ihrer ersten Shuttle-Mission. Bei einem routinemäßigen Weltraumspaziergang kommt es zur Katastrophe: Die Russen haben einen kaputten Satelliten abgeschossen und damit versehentlich eine Kettenreaktion ausgelöst, die weitere Satelliten zerstört hat. Da die Trümmer auf das Shuttle von Stone, Kowalski und dem Rest der Crew zurasen, weist die Mission Control in Houston sie an, die Mission sofort abzubrechen und abzuhauen. Aber es ist bereits zu spät: Das Shuttle wird zerstört, die Verbindung zur Mission Control bricht ab, bis auf Kowalski und Stone gibt es keine Überlebenden. Kowalski und Stone sind auf sich allein gestellt und müssen nun versuchen, die internationale Raumstation ISS zu erreichen, um von dort aus hoffentlich zur Erden gelangen zu können. Um sie herum gibt es dabei nur die unendliche Dunkelheit des Weltraumes..
Gravity von Alfonso Cuarón
(Spoilerwarnung!) Als ich die ersten Clips zu „Gravity“ von Alfonso Cuarón sah, war mir sofort klar, dass ich diesen Film unbedingt auf der großen Leinwand sehen musste. Am Samstag war es schließlich so weit, gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin habe ich das Kino geentert.
Gravity ist inhaltlich sehr simpel und fast in Echtzeit erzählt (der Film dauert fast genauso lange, wie die ISS für eine komplette Erdumrundung braucht): Es kommt zu einer Katastrophe und Stone, die als kompletter Neuling das schwächste Glied der Kette ist, muss überleben.
Kontrollverlust, Wiedergeburt und Schwerkraft
Je mehr Stone dabei kämpft, desto mehr verliert sie die Kontrolle. Mit jedem von ihr überwundenen Hindernis kommen zwei neue auf sie zu.
Murphys Gesetz zum Quadrat. Was den Kontrollverlust angeht, sah sich Regisseur Cuarón wohl vor einem ähnlichen Problem. Einen Film zu machen, der zeigt, wie das unkontrollierbare Chaos immer weiter eskaliert, ohne dabei selbst die Kontrolle zu verlieren, ist schon ein Kunststück. Cuarón hat aber genau das geschafft und allein für diese Leistung ist „Gravity“ bemerkenswert. Besonders beeindruckend ist die schwerelos wirkende Kameraführung, mit der dem Kinopublikum das Gefühl, sich im Weltraum zu befinden, perfekt vermittelt wird.
Das zweite zentrale Thema ist die Wiedergeburt eines Menschen. Während Stone verzweifelt versucht, zur Erde zurück zu kommen, muss sie sich darüber klar werden, was das Leben für sie überhaupt lebenswert macht, um so die innere Kraft dafür aufzubringen, das Unmögliche zu schaffen. Stone wird uns anfangs als eine Frau vorgestellt, die einen schweren Verlust erlitten hat (ihre Tochter ist gestorben) und seither nur noch existiert, aber nicht mehr richtig lebt. Am Ende ihrer Reise hat sie ihren Lebenswillen schließlich wieder gefunden. Unterstützt wird das auch durch die gezeigten Bilder, wenn Stone etwa im ersten Drittel des Filmes in embryonaler Haltung durch die Schwerelosigkeit treibt. Am Ende befreit sie sich nicht nur symbolisch von all der Last, die sie nach unten zieht, wenn sie ihren Raumanzug ablegt, der sie auf den Grund des Sees gezogen hat, um so nach oben zu tauchen. Beim Steigen aus dem Wasser wirkt sie aufgrund des Kamerawinkels überlebensgroß, ein schöner Kontrast zur zuvor gezeigten in sich zusammengekauerten Pose (außerdem könnte man das Steigen aus dem Wasser auch als Anspielung auf das an-Land-gehen der ersten Lebewesen interpretieren).
Physische und psychische Fesseln
Das „Nach-unten-ziehen“ passt wunderbar, zum dritten zentralen Thema des Filmes, der Schwerkraft. Der Titel „Gravity“ („Schwerkraft“) spielt hier gleich auf mehreren Ebenen eine Rolle. Da geht es erstens um die Dinge, die uns physisch festhalten. Das kann unter anderem eine Leine sein, an der wir uns festhalten, oder mit der wir gefesselt sind (so etwas kommt im Film immer wieder vor). Wichtiger sind aber die emotionalen Fesseln, die uns viel stärker binden können und die es einem auch viel schwerer machen, sie loszuwerden. Um wirklich befreit leben zu können, muss man aber genau das schaffen.
Gewaltige Effekte
„Gravity“ hat aber noch etwas anderes auf seiner Habenseite: Die großartigsten Effekte, die man sich vorstellen kann. Wer sich diesen Film, nicht im Kino ansieht, ist selber schuld. Hier macht auch das 3D zum in meinen Augen ersten Mal richtig Sinn und ist nicht nur hübsches Beiwerk. Wenn einem die Satellitentrümmer um die Ohren fliegen, oder man einen 3D-Blick auf die Erde werfen kann, dann hebt man im Kinosaal regelrecht ab. Bemerkenswert ist auch, dass Cuarón sich viel Mühe gegeben hat, das alles möglichst realistisch darzustellen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass man im All keinen Mucks bei den ganzen Explosionen hören würde (einige Freiheiten hat er sich aber doch genommen. Wer einen guten Artikel darüber lesen möchte, sollte sich diesen hier ansehen:
An Astronaut Fact-checks Gravity).
Beeindruckt war ich auch von der Leistung von Sandra Bullock. Die emotionale Achterbahnfahrt von Stone muss man erst einmal so rüberbringen können. Sollte es vor diesem Film noch Leute gegeben haben, die dachten, dass sie nur in seichten Komödien gut ist, dann dürften diese letzten Zweifler spätestens jetzt eines Besseren belehrt worden sein. Die Chemie zwischen ihr und George Clooney ist ebenfalls großartig, obwohl Clooney im Vergleich zu ihr fast ein wenig verblasst (was aber nicht an ihm, sondern an Bullocks toller Performance und der Tatsache, dass er weniger Screentime hat, liegt).
Fazit zu Gravity
„Gravity“ ist der mit weitem Abstand beste Film in dem an Highlights sonst leider eher armen Kinojahr 2013. Ich bin jetzt schon gespannt darauf, wie dieser Film in 20 Jahren rezipiert wird.