Night Show von Richard Laymon |
Tony hält es für eine ziemlich coole Idee, seine Schulkameradin eine Nacht lang in einer alten Villa, in der es angeblich spuken soll, einzuschließen. Welche Todesängste die hübsche Cheerleaderin in den folgenden Stunden aussteht, weiß der selbst ernannte „Meister des Schreckens“ nur zu gut, er genießt das sogar sehr.
Nach dem Abschluss der High School möchte Tony in Hollywood bei Dani Larson, die für ihre Spezialeffekte in Horrorfilmen berühmt ist, anheuern. Die Methoden, die er wählt, um ihr nahe zu kommen – Stalking und vor ihren Augen eine Kinobesucherin mit gefälschten Vampirzähnen beißen zum Beispiel – sind allerdings denkbar ungeeignet, um Danis Vertrauen zu gewinnen. Da die Liebe, die er für Dani empfindet eher einseitig ist und er ihr immer krankhafter nachstellt, bekommen die Spezialeffektekünstlerin und ihr Freund Jack es mit der Angst zu tun. Was sie aber alle nicht ahnen, ist, dass Tonys alte Schulfreundin die für sie schreckliche Nacht in der alten Villa nicht vergessen. Sie rächt sich grausam an allen, die für ihr Leid verantwortlich sind. Nun ist nur noch eines ihrer Ziele übrig: Tony. Entschlossen, ihre Vendetta zu vervollständigen, macht Linda sich auf den Weg zu Tonys neuer Adresse…
Night Show von Richard Laymon
Night Show ist das erste Buch von Richard Laymon, das ich gelesen habe. Gehört habe ich den Namen des Autors schon einige Male, nun wollte ich mir endlich selbst ein Bild machen. Was wäre für einen Horrorfan wie mich da besser geeignet, als eine Horrorgeschichte, die in der Horrorfilmbranche spielt? Eben.
Das Buch fängt auch sehr gut an. Der Prolog, in dem geschildert wird, wie Linda gewaltsam entführt und in die alte Villa geschleift wird,macht die Angst des Mädchens fast körperlich greifbar. Dann aber bemerkt man beim Lesen recht schnell, dass „Night Show“ drei mehr oder weniger größere Probleme hat.
Tausendmal gesehen und gelesen
Problem Nummer 1 ist die extreme Vorhersehbarkeit der Handlung, welche die Blaupause für jeden zweiten Thriller ist. Tony ist von Anfang an eindeutig als gefährlicher Irrer identifizierbar. Er verfolgt die Frau seiner Träume in einem von ihm gekauften Leichenwagen, erzählt ständig davon, dass er anderen Menschen gerne Angst macht, rennt mit einem auf die Stirn gemalten dritten Auge herum und das erste richtige Gespräch zwsichen ihm und Dani ist ein Telefonat, indem er ihr erklärt, dass der als abgetrennter Kopf getarnte Schaufensterschädel in ihrem Garten seine Art ist, sich bei ihr als Assistent zu bewerben. Außerdem hat er kein Problem damit, in Danis Wohnung einzubrechen und in ihren Sachen herum zu schnüffeln.
Dani weiß das alles. Sie zeigt ihm aber trotzdem einige Techniken und geht einmal sogar mit ihm ins Kino.Das ist sogar noch dämlicher, wenn man bedenkt, dass Dani in einem anderen Fall, wo sie von jemandem bedrängt wurde, keine Probleme damit hat, denjenigen sofort zu feuern. Aber den verrückten Stalker, bei dem selbst Stevie Wonder mit verbundenen Augen erkennen würde, dass er nicht mehr zwischen der Realität und Filmen wie „Texas Chainsaw Massacre“ unterscheiden kann, von dem sie weiß, dass er sie beim Sex mit ihrem Freund beobachtet (und sich dabei wahrscheinlich einen runtergeholt) hat und das auch noch zugibt, den lässt sie bereitwillig in ihr Leben und geht mit ihm sogar ins Kino. Wenn ich Jack wäre, wäre ich bei ihrer Ankündigung, diesen Psychopathen weiter zu treffen, einfach grußlos aufgestanden und gegangen (wobei sie das mit dem Voyeurismus erst später herausgefunden hat. Dass er in ihrer Wohnung war, wusste sie da allerdings schon). So wird dieser Handlungsstrang sehr schnell zu einem „Kap der Angst“ für Arme.
Zwei Handlungsstränge – NULL Berührungspunkte
Dann gibt es da noch die Parallelhandung rund um Linda. Und da fangen die Probleme erst so richtig an. Der erste Mord, den sie begeht, ist gleich einmal ein ordentlicher Griff ins Klo und zwar aus zwei Gründen. Erstens wird dieser im Prolog nie erwähnt, die Leser sollen einfach so glauben, dass dieser Typ namens Joel bei der Entführung eben auch dabei war. Dann kann er aber weder der Mastermind (das war Tony) oder der ebenfalls anwesende Sadist (das war Arnold und am Ende wieder Tony) sein. Was soll Joel also zu der Sache beigetragen haben? Wenn er sowas wie der Fahrer war, wird das im Buch nicht erwähnt. Ganz abgesehen davon, dass Joel die ganze Zeit über sehr glaubhaft beteuert, dass ihm seine Beteiligung an der Sache leid tun würde und er das alles bereue. Lindas Reaktion darauf? Sie erschlägt ihn beim Ficken mit einem Stein. Überreaktion anyone?
Das weit größere Problem habe ich aber damit, dass die beiden Handlungsstränge im ganzen Buch so konstruiert sind, dass man das Gefühl habe, sie würden aufeinander zusteuern. Sie tun bis zum Ende aber genau das nicht. Linda trifft die anderen Protagonisten kein einziges Mal, der Moment, in dem sie auf Tony trifft, ist zufälligerweise der einzige im Showdown, in dem weder Dani noch Jack in Danis Haus sind. Linda bringt dann den gefesselten Tony um und das wars dann. So hat „Night Show“ dann keinen richtigen Höhepunkt und statt eines befriedigenden Endes erlebt der Leser, wie beide Handlungsstränge einfach ausrinnen.
Ein kleineres Problem habe ich auch mit einem Aspekt, der im Buch gar nicht erwähnt wird. Linda gibt vor, sich nach einem Autounfall, den sie hatte, nachdem sie aus der Villa entkommen war, an nichts in dieser Nacht erinnern zu können. Heimlich plant sie über Monate hinweg ihre Rache und denkt sehr oft an nichts anderes mehr. Bemerken tut das……keiner. Weder ihrem Elternhaus noch dem Personal im Krankenhaus (beide werden ohnehin nur indirekt erwähnt) bemerken, dass mit der jungen Frau etwas nicht mehr stimmt. Und natürlich sieht auch niemand, wie sie mit Joel von dem Ort, in dem sie leben, am hellichten Tag in den Wald fährt, aber hey: In einem Telefongespräch, das sie heimlich belauschen kann, erfährt sie, dass Joels Mutter zwar vor Sorgen um ihren seit Tagen verschwundenen Sohn fast umkommt, es aber für ganz doll clever hält, die Polizei nicht zu rufen und mit den Händen im Schoß daheim sitzend auf ihren Lendenspross zu warten. Wenn es jemals ein Gerät gibt, mit dem man Romanfiguren zum Leben erwecken kann, wende ich das auf Joels Mama an und erwürge sie gleich im Anschluss.
Fazit zu Night Show von Richard Laymon
Night Show von Richard Laymon, das in Amerika schon im Jahr 1984 fängt sehr gut an und fesselt den Leser. Nach den ersten 50 Seiten stellt sich aber sehr schnell das ungute Gefühl ein, dass das Buch vor allem Blendwerk ist. Die Figuren entwickeln sich nicht und bewegen sich durch eine schablonenhafte, überraschungsfreie Handlung, deren „Höhepunkt“ der absolut langweilige Schluss ist. Von mir gibt es daher keine Empfehlung.