Titel: X-Men: Erste Entscheidung
Mit: James McAvoy, Michael Fassbender, Kevin Bacon, Rose Byrne, Jennifer Lawrence, Oliver Platt, Álex González, Jason Flemyng, Zoe Kravitz, January Jones, Nicholas Hoult, Edi Gathegi, Lucas Till, u.a.
Regie: Matthew Vaughn
X-Men: Erste Entscheidung
Im Jahr 1944 in Polen wird der junge Erik Lehnsherr mitsamt seiner Familie ins Konzentrationslager gebracht. Schon bald entdeckt man dort seine ungewöhnliche Fähigkeit, die es ihm erlaubt, jedes Metall nach seinem Belieben zu beherrschen. Einer der dortigen „Wissenschaftler“ namens Sebastian Shaw schafft es, Eriks Kräfte endgültig zu entfesseln indem er dessen Mutter vor seinen Augen erschießt. Währenddessen trifft der junge Charles Xavier die Mutantin Raven (die sich später Mystique nennen wird).
Im Jahr 1962 entdeckt die CIA-Agentin Moira MacTaggert bei einer Beschattungsaktion, dass Mutanten existieren. Diese arbeiten mit Shaw zusammen, der mittlerweile zum Anführer des berühmten Hellfire Clubs aufgestiegen ist. Da ihr niemand glaubt geht sie zu Charles Xavier, der – inzwischen ist er ein Experte für Genetik – ihre Chefs mit seinen Fähigkeiten und denen von Mystique davon überzeugen kann, dass Mutanten existieren. Einer von ihnen arbeitet schon länger für die CIA, ohne dass diese es bemerkt hätte: Dr. Hank McCoy. Mit dem von ihm entwickelten Computer Cerebro gelingt es Xavier, andere Mutanten aufzuspüren. Charles – der in der Zwischenzeit durch Zufall Erik Lehnsherr kennengelernt hat – macht sich mit diesem auf die Suche nach anderen Mutanten und findet einige Persönlichkeiten mit herausragenden Fähigkeiten. Diese werden sie auch bitter nötig haben, denn langsam kristallisiert sich heraus, dass Shaw auf Kuba eine Krise auslösen will, die die Menschheit vernichten soll. Shaw ist selbst ein mächtiger Mutant, der auf diese Art und Weise dafür sorgen will, dass die Menschheit sich selbst ausrottet, damit die Mutanten die Macht übernehmen können. Bei einem Angriff auf das CIA-Hauptquartier gelingt es ihm sogar, eine von Xaviers Schülerinnen auf seine Seite zu ziehen. Während Charles und Erik alles daran setzen, das zu verhindern, wächst in letzterem immer mehr der Wunsch, den Mörder seiner Mutter zu töten. Außerdem werden Eriks Ansichten aufgrund seiner negativen Erfahrungen denen von Shaw immer ähnlicher…
X-Men: Erste Entscheidung – Ein gelungenes Prequel mit einigen Fehlern
(Spoilerwarnung voraus) „X-Men: Erste Entscheidung“ kann man durchaus als gelungenes Prequel bezeichnen. Michael Fassbender und James McAvoy verkörpern ihre Rollen großartig, Kevin Bacon wirkt als durchgeknallter Sebastian Shaw bedrohlich genug und die Action ist auch ziemlich gut gelungen. Außerdem wurde der 60er Jahre Look großartig umgesetzt. Der Film ist um Welten besser als zum Beispiel Ratners „X-Men: The Last Stand“ und zwar vor allem deshalb, weil er (mit einer Ausnahme, zu der ich gleich komme) bei der Erschaffung der neuen Charaktere nicht so jämmerlich versagt wie dieser.
Schwächen im Drehbuch von X-Men: Erste Entscheidung
Trotzdem ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt und das liegt vor allem am Drehbuch. Zum Beispiel wäre irgend eine Erklärung dafür nett gewesen, wieso die Deutschen 1944 in Polen mit einem Amerikaner in einem ihrer KZs zusammenarbeiten. (Und nein, Shaw war ganz offensichtlich kein Kriegsgefangener). Die Emma Frost in diesem könnte, selbst wenn man es mit Absicht versuchen würde, gar nicht weiter weg vom Ausgangsmaterial sein. In den Comics entwickelt sie sich von einer der gefahrlichsten Gegnerinnen der X-Men über die Jahre zu einer ihrer Anführerinnen, während sie hier schon beinahe wie ein Bond-Girl-Klischee wirkt, das nur zufällig zu den Bösen hält. Ich finde es einfach schade, dass hier eine große Chance vergeben wurde (aber vielleicht wird ja in den offensichtlich geplanten Fortsetzungen noch etwas daraus).
Der Punkt, der mich am meisten stört, ist aber die Sache mit der Mutantin Angel Salvadore, die Shaw auf seine Seite ziehen kann. Man stelle sich folgendes vor: Unsere Helden sitzen gerade zusammen, betrinken sich und feiern eine Party im CIA-Hauptquartier. Da greift plötzlich Shaw mit seiner Mutantentruppe an, tötet alle, die sich ihm in den Weg stellen und würde das ohne zu zögern auch mit unseren Freunden tun. Dann fragt er (sinngemäß): „Hey, wir wollen die Menschen beherrschen und alle töten, die etwas dagegen haben. Lust, bei uns mitzumachen?“ Angel wechselt sofort die Seiten, ohne dass man zuvor oder danach auch nur irgendetwas gesehen hätte, was diese Handlung erklären würde. Bei dem Versuch sie aufzuhalten stirbt dann auch einer ihrer (jetzt ehemaligen) Freunde (wobei man sich bei dem Mutanten Darwin, der – daher sein Name – die Fähigkeit besitzt, sich immer sofort innerhalb von Sekunden seiner Umwelt anzupassen – schon fragen kann, ob er nicht vielleicht doch überlebt haben könnte. Andererseits ist er zu Staub zerfallen), was sie nicht einmal zu interessieren scheint und natürlich hat sie später auch keinerlei Skrupel, zu versuchen, ihre Freunde zu töten (im Ernst, die spuckt im Showdown Feuerbälle, dass es eine wahre Freude ist). Zahl der Erklärungen, die die Zuschauer für dieses Verhalten bekommen: Null. Dabei wissen die Drehbuchautoren offenbar durchaus, wie so etwas geht. Bei Magneto zeigen sie mit dem Dialog am Ende, dass er durchaus mit Shaw einer Meinung ist, was die Überlegenheit und den Herrschaftsanspruch der Mutanten angeht und ihn nur deshalb tötet, weil Shaw seine Mutter auf dem Gewissen hat und auch bei Mystique kann man sich ihre Motivation wenigstens ungefähr zusammenreimen. Was den Mutanten Banshee angeht, der dann auch zu Magneto wechselt, sieht die Sache allerdings wieder anders aus. Ist doch geil, wenn man merkt, welche Charaktere den Drehbuchautoren wurscht waren, oder nicht? Es sind solche Aussetzer im Drehbuch, die einen ansonsten großartigen Film um einige Stufen herunterziehen, was wirklich sehr schade ist.
Die Schauspieler in X-Men: Erste Entscheidung
„X-Men: Erste Entscheidung“ wird von drei Schauspielern getragen: James McAvoy spielt Charles Xavier, Michael Fassbender gibt den Magneto und Kevin Bacon mimt Sebastian Shaw. Das sind auch die drei Leute, welche einem nach dem Film am meisten in Erinnerung bleiben und es war ein guter Schachzug, sich auf dieses Trio zu konzentrieren, denn alle drei liefern eine hervorragende Leistung ab. Vor allem fassbneder, der mir schon in Tarantinos „Inglourious Basterds“ und „Eden Lake“ gefallen hat, liefert als Magneto eine Meisterleistung ab, da er es schafft, durchblitzen zu lassen, dass er von Ian McKellens Version inspiriert wurde, ohne dabei zu vergessen, sein eigenes Ding daraus zu machen. Dasselbe gilt für James McAvoy als Charles Xavier, bei dem man sich durchaus vorstellen kann, dass so die Jugend von Professor X ausgesehen haben könnte (was die Studentenparty angeht, gibt es in den Comics ja durchaus einige Hinweise, die auf eher wilde Jugendjahre des guten Professors schließen lassen).
Kevin Bacon wiederum spielt die Rolle des Antagonisten mit einiger Routine (ist ja nicht der erste Film, in dem er diesen Part übernimmt). Wenn ich daran denke, das die Wahl der Produzenten zwischen ihm und Colin Firth fiel, bin ich froh, dass man Bacon gewählt hat, denn (bei allem gebotenen Respekt vor Firth) Kevin Bacon ist für solche Rollen einfach wie geschaffen. Es ist schlicht eine Freude, ihm dabei zuzusehen.
Schade ist nur, dass die meisten der anderen Mutanten von diesem Trio ein wenig an den Rand gedrängt werden und ihren Geschichten dadurch ein wenig der Raum fehlt. Ein gutes Beispiel hierfür ist Beast, der die ganze Zeit über nach einem möglichst normalen Aussehen strebt (obwohl zuerst nur seine Füße abnorm sind und die kann er verstecken), durch ein von ihm entwickeltes Serum (das dabei helfen soll) seine den Fans bekannte blaue und haarige Gestalt bekommt….und das offenbar in weniger als fünf Minuten wegsteckt. Wenn man einen solchen Plotpunkt schon einführt, dann würde ich mir wünschen, dass man diesem dann auch entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten einräumt und die Sache nicht so meiner Meinung nach stiefmütterlich behandelt, nur damit sie vorüber ist, wenn der Abspann kommt. Ich weiß, dass sich dies ein wenig hart anhört, aber hier hat man nach meiner Ansicht eine gute Möglichkeit vertan.
Fazit zu X-Men: Erste Entscheidung
„X-Men: Erste Entscheidung“ ist ein sehr guter Film und dennoch ein Paradebeispiel für verschenktes Potential, denn er hätte besser sein können als Teil Eins der Originaltrilogie, wenn man beim Drehbuch nicht so geschludert hätte.