Das Loch von Richard Laymon |
Es ist nicht die Woche der jungen Pamela: Erst bringt ein psychopathischer, ehemaliger Mitschüler ihren Ehemann um und entführt sie in seinem Auto. Kaum ist sie ihm entkommen, wird sie von einem seltsamen Busfahrer aufgelesen, der sie in ein Kaff namens Pits mitten in der Einöde bringt. Dessen Einwohner scheinen nur auf den ersten Blick nett zu sein…
Zur gleichen Zeit nimmt der harmlose Student Norman zwei Anhalter mit, die sich schnell als durchgeknallte Psychopathen herausstellen. Auf ihrem Weg durch das Land kommen sie irgendwann in das Kaff, in dem sich Pamela befindet. Damit fangen Pamelas Probleme erst so richtig an, denn Norman ist von dem Serienkillerpärchen, das er mitgenommen hat, zunehmend fasziniert und entschließt sich dazu, ihnen nachzueifern. Pamela soll sein erstes Opfer werden…
Das Loch von Richard Laymon
Eigentlich wollte ich Richard Laymon nach Night Show keine zweite Chance mehr geben. Warum ich dann irgendwann doch gnädig gestimmt war und mir den halbwegs interessant klingenden „Das Loch“ gekauft habe, weiß ich selbst nicht mehr. Eines kann ich nun aber mit Sicherheit sagen: „Das Loch“ ist der letzte Roman von Laymon, den ich jemals lesen werde, denn das Buch ist tatsächlich noch blöder als „Night Show“.
Außenseiter sind das pure Böse
Durch „Night Show“ und „Das Loch“ zieht sich ein gemeinsames Thema: Wenn der Autor eine Figur als Außenseiter charakterisiert, dann stimmt etwas nicht mit ihr. Entweder handelt es sich dann um einen verrückten Stalker oder einen perversen Triebtäter, etwas anderes gibt es in Laymons Büchern nicht. Pamelas ehemaliger Schulkollege ist ein besonders widerwärtiges Beispiel für diesen Stereotyp: Fett, hässlich, pervers, stinkend und ungewaschen, ist er auch noch vollkommen verblödet. Besonders deutlich wird das in der Szene, in der Pamela seinen Klauen entkommt. Ihr Entführer kommt nämlich auf die geniale Idee, sie den Cheerleadertanz, den sie mit ihrem Team in der High School aufgeführt hat, auf offener Straße tanzen zu lassen. Dafür entfernt er ihre Fesseln und denkt tatsächlich, dass Pamela brav für ihn tanzen wird, ohne einen Fluchtversuch zu unternehmen. Pamela schlägt ihn dann mit einem Cheerleadermove k.o. (wie hat der Fettsack es geschafft, Pamelas Mann umzubringen?) und rennt weg. Weit kommt sie allerdings nicht, denn sie rennt schnurstracks in die Arme des bereits erwähnten Busfahrers. Da fragt man sich beim Lesen schon, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man an einem Tag einem durchgeknallten Mörder entkommt, nur gleich der örtlichen Kannibalen-Community in die Arme zu laufen. Gott sei Dank sind die Kannibalen aber liebe Menschenfresser, die nur böse Individuen in die Pfanne hauen. Pamela arrangiert sich erschreckend schnell damit, Menschen zu Koteletts zu verarbeiten, also kommt den Hinterwäldlern unser Mörderpärchen samt Nachwuchskiller Norman, die natürlich auch irgendwann im gleichen Kaff aufschlagen, gerade recht. Hinzu kommen Sexszene, die auf eine Art und Weise eklig sind, dass ich hier gar nicht näher darauf eingehen möchte. (Ich will aber trotzdem nicht unerwähnt lassen, dass ich nicht wusste, dass man mit Titten Fußmassagen verabreichen kann. Jetzt würde ich dieses Wissen gerne wieder vergessen, wenn es geht.)
Mit dem Handlungsstrang rund um Norman und den von ihm aufgegabelten Psychopathen erschlägt sich dieses Machwerk schließlich endgültig selbst, weil Laymon sich hier an einer psychologischen Zeichnung der Figuren versucht und dabei grandios scheitert. Das merkt man vor allem an der Figur des Serienmörders Duke, von dem Laymon so gerne hätte, dass wir ihn für eine Mischung aus James Dean und Clyde Barrow halten und der doch nur ein billiges Abziehbild von beiden ist. Dennoch muss man beim Lesen wiederholt längere Passagen ertragen, in denen Norman hin und her gerissen ist, weil er ja eigentlich verschwinden möchte, aber gleichzeitig von Duke so sehr fasziniert ist, dass er immer mehr so wird wie er. Außerdem teilt Norman sich mit seinem großen Vorbild eine ebenfalls mitreisende Frau, die er zwar regelmäßig vögelt, von der er aber selbst andauernd sagt, dass sie aussieht wie ein Schwein. Ich hole mir schon einmal eine Kotztüte.
Langeweile überall
Nun könnte man einwenden, dass Laymon eher nicht wegen ausgefeilter Charaktere, sondern vielmehr wegen seiner angeblich knallharten Horrorszenen gelesen wird. Warum dem so ist, kann ich beim besten Willen nicht verstehen, denn wenn man sich die besagten Sequenzen vor Augen führt, wird einem schnell klar, dass Laymon nach dem immer gleichen Muster vorgeht: In Handlungsstrang A kommt hin und wieder ein Psychopath nach Pits, macht dort Ärger und wird anschließend von Pamela und Co erst filetiert und dann aufgefuttert. Handlungsstrang B läuft dafür so ab: Norman und Co bekommen Ärger mit jemandem, den sie unterwegs treffen, und bringen diese Person um. Zwischendurch vögeln alle die Mitreisende.
Fazit zu „Das Loch“
Ich kann nicht verstehen, wieso die Verlage mit Büchern von Richard Laymon nun, Jahre nach seinem Tod die Horrorregale in deutschsprachigen Buchläden überschwemmen. Wer ein ähnlich gelagertes Buch lesen will, das aber wesentlich besser geschrieben ist, sollte sich an „Verkommen“ von Bryan Smith oder Jack Kilborns „Das Hotel“ halten. „Das Loch“ ist reine Zeitverschwendung.
P.S.: Der deutsche Titel soll wohl auf das kleine Kaff Pits anspielen. Im Original heißt das Buch „Into the Fire“.