Weiter geht es mit den Gastbeiträgen (die noch einige Wochen weitergehen werden) zum 2. Geburtstag dieses Blogs. Nummer 2 stammt von Markus Risser, seines Zeichens der Chef der besten Website für Trashfilme im deutschsprachigen Raum: Badmovies.de. Ladies and Gentlemen, dieser Herr ist mit seinen witzigen und kurzweiligen Reviews zu einem großen Teil dafür verantwortlich, dass sich meine Wenigkeit nun (so wie er selbst) so gerne schlechte Filme ansieht und sich dabei scheckig lacht. Im Badmovies-Forum ist er übrigens als Dr. Acula unterwegs. Wenn ihr ihm das Postfach zuspammen wollt, wisst ihr jetzt, an wen ihr die Nachrichten schicken müsst.
Und jetzt wünsche ich viel Spaß mit seinem Beitrag:
„Warum zur Hölle kuckst du freiwillige schlechte Filme?“
Das ist eine der Fragen, die mir am Häufigsten gestellt wird (nach „Wie schaffst du es, so unverschämt GUT auszusehen?“ und „Wann krieg ich die 50 Euro, die ich dir letztes Jahr geliehen habe, wieder zurück?“) und ja, sie ist knifflig zu beantworten.
Zum Einen hängt die Antwort stark vom Fragesteller ab, denn wer als „guten Film“ „Transformers 2“ oder „Twilight“ nennen würde, ist sicherlich nicht derjenige, der als objektiver Maßstab für „gut“ oder „schlecht“ qualifiziert ist. Ebenso natürlich muss man sich zuvor auf eine gangbare Definition für „schlechter Film“ einigen, und das ist noch schwieriger – denn auf den Zuschauer, der Ed Woods „Glen or Glenda“ für ein zusammenhangloses, unverständliches Machwerk hält, kommt derjenige, der den gleichen Film als ein leidenschaftliches Stück Kunst mit einem Großen K gegen jeden Kritiker verteidigt.
Damit hätten wir bislang erfolgreich festgestellt: „guter“ und „schlechter“ Film ist eine höchst subjektive Angelegenheit und im Endeffekt kann ich den oben herangezogenen „Transformers“-Kucker mit der gleichen Berechtigung fragen, wieso er seine Zeit an solchen Dreck verschwendet. Am Ende steht vermutlich doch ein „weil ich Spaß dran habe“ – sowohl bei ihm als auch bei mir, nur dass er wohl noch nicht realisiert hat, wieviel Spaß man wirklich mit den tiefsten Tiefen der Hollywood-Suppenküche haben kann.
An dieser Stelle ist wahrscheinlich eine biographische Abschweifung nötig, denn der heutige Filmfan, der sich jeden Blockbuster per Torrent vor’m Kinostart aus dem Netz zieht, erinnert sich höchstens noch aus erschröcklichen Gute-Nacht-Geschichten an „Videotheken“. Unsereins, sozialisiert in den 80ern, machte dagegen viele seiner Filmerfahrungen in diesen mal weniger, mal mehr muffigen Buden, betrieben von mal mehr, mal weniger vertrauenserweckend wirkenden Inhabern – in der guten alten Zeit musste man, um alle Neuerscheinungen mitzukriegen und eine reelle Chance zu haben, den neuen Schwarzenegger innert vernünftiger Frist im heimischen Rekorder laufen lassen (und kopieren) zu können, bei mindestens drei Videotheken Mitglied sein. Und selbst das garantierte noch lange nicht, dass man eine der zehn „Total Recall“-Kopien abbekam (oder, wenn man Pech hatte, nur die gekürzte FSK-16-Fassung. Da ist gar kein Film glatt besser). Wenn man nun nicht das liebe lange Wochenende lang die Wand anstarren wollte, musste man notgedrungen Ersatzprogramm mitnehmen – irgendwas aus den hinteren Reihen, kurz bevor’s in die Porno-Abteilung geht, wo die Tapes standen, von denen nur eine Kopie im Laden war (und die meistens auch DA war), mit bunten, gezeichneten Covern, reißerischen Titeln und meistens dem roten FSK-18-Aufkleber. Die Tapes von „New Vision“, „Pacific“, „Carrera Topline“, „Eagle Pictures“, „Onyx Video“ und wie die ganzen Klitschen auch hießen… irgendwie zogen sie mich mehr an als die Zombie- und Kannibalenfilme, die ganz unten im Regal standen.
Zwei Videos, die ich mir damals aus diesem Ghetto der B-Movies mit Has-Beens und Will-Never-Be’s in den Hauptrollen auslieh, scheinen für meine Filmprägung hauptsächlich verantwortlich zu sein – „Gefangene im Weltraum“ hieß der eine, „Jäger der verschollenen Galaxie“ der andere (man merkt’s, ich war damals hauptsächlich SciFi-Nerd); der eine die Ultra-Low-Budget-SF-Variante eines Frauenknastfilms von Fred Olen Ray, das andere ein SF-Sampling von „Graf Zaroff – Genie des Bösen“, produziert von Charles Band. Damals (TM) wusste ich noch nicht, dass mich diese beiden Herrschaften durch mein weiteres Leben begleiten würden (oder dass ich mit Charlie Band mal telefonieren würde), aber sie eröffneten mir mit diesen Filmen den Blick in eine neue Welt. Es waren keine neuen Geschichten, die sie erzählten, aber sie setzten die bekannten Motive in neue Genres, in denen sie eigentlich nicht funktionieren sollten und für die, vor allem, die Macher nicht das nötige Kleingeld hatten, was jene aber nicht davon abhielt, es zu versuchen. Kurz gesagt – es waren Filme mit SEELE. Filme, die gekennzeichnet davon waren, dass die, die sie drehten, eine Leidenschaft am Filmemachen an sich mitbrachten (öh, naja, und dass in beiden Filmen diversen hübsche Frauen in leicht oder unbekleidetem Zustand mitwirkten… war zumindest kein Nachteil).
Natürlich ist nicht jeder B-Film ein Beispiel für’s Filmemachen mit Herzblut – in den überwiegenden Fällen sind es lieblose Kommerzprodukte, die noch stärker als ihre großbudgetierten Vorbilder des schnellen Dollars wegen gedreht wurden, und genauso wenig begann ich schon damals mit der gezielten Suche nach derlei obskuren Krams (und manchmal kuckte ich nicht zu Ende, wonach ich später jahrelang suchen sollte… „Frauenlager der Ninja“ z.B.), aber über die Jahre freute ich mich immer, wenn ich über einen Film stolperte, der die Beschränkungen seiner Herkunft in die ein oder andere Richtung transzendierte – Namen und Gesichter, die in diesem Bereich öfter vorkommen zu schienen, prägten sich mir langsam ein. Als ich begann, für den Hausgebrauch Laserdiscs direkt aus den Staaten zu importieren, war ich praktisch Abonnent der Full-Moon-Veröffentlichungen, lernte Ed Wood kennen und lieben, und als dann das Internet *richtig* abhob und ich bemerkte, dass die Faszination für obskure Filme, die besser/unterhaltsamer waren, als sie von Fug und Rechts wegen hätten sein dürfen, oder sich so verhoben, dass sie auf amüsante Art scheiterten, nicht nur mein privates Vergnügen war, sondern sich jenseits des großen Wassers eine ganze Subkultur mit etlichen Websites, die nichts anderes taten, als kruden Kram zu besprechen, gebildet hatte… und ein kleines bisschen reizte mich, zugegeben, die Aufgabe, zur Entstehung einer solchen Subkultur auch hier beizutragen (vielleicht ist mir das auch ansatzweise gelungen…).
Nun muss man eins im Auge behalten – bei der Freude am Trash geht es nicht um das Abfeiern von Unfähigkeit. Auch wenn man ein Faible für charmant verunglückte Filme und amüsante Selbstüberschätzung hat, ist der fünfte Taubert-, Schnaas- oder Rose-Film immer noch so schmerzhaft wie der erste. Was einen „guten“, sprich unterhaltsamen schlechten Film ausmacht, ist schwer zu definieren und läuft letzten Endes sicher zu einem Gutteil auf „ich erkenn‘ einen, wenn ich ihn seh'“ hinaus – auch ein handwerkliches Schlachtefest wie „Turkish Star Wars“ kann Lachkrämpfe verursachen. Der eigentliche „Spaß“ ist es, wie bei den meisten Hobbys, die auf den Jäger- und Sammlertrieb des Menschen aufsetzen, eine neue Entdeckung zu machen, ein neues Erlebnis zu, eh, erleben und zu teilen – wer „Robot Monster“ gesehen hat, möchte, dass seine Freunde diese Erfahrung ebenfalls machen (wer „Pudelmützenrambos“ gesehen hat, hat keine Freunde mehr)(Hey! Die Spitze gegen mich habe ich durchaus bemerkt! LG, der Hausherr hier und Badmovies.de-„Pudelmützenrambos“-Gastrezensent) und die Freude, wieder einen solchen Treffer zu landen, lässt den geneigten Trash-Gourmand durch die Sümpfe des Mittelmaßes, der Langeweile und der unterhaltungsarmen Talentfreiheit waten. Es ist oft ein Geduldsspiel und sicherlich gibt’s Tage, an denen man sich fragt, während man einen Film wie „The Tenement“ sieht, warum man nicht Briefmarkensammler geworden ist, aber wenn man dann wieder ein „Söldnerkommando“ entdeckt, ist das so ähnlich wie die Blaue Mauritius – nur nicht ganz so gewinnträchtig.
Einen Aspekt möchte ich noch einmal herausstellen – der Trash-Freund ist, was man von Videojunkies gemeinhin nicht erwartet, ein geselliger Typ. Und, wie ich schon sagte, als Trash-Freund will man seine Erfolgserlebnisse nicht für sich behalten. Wer in einer Runde von sechs-sieben angeheiterten Filmmasochisten einen der oben genannten Filme genießt, wird dieses Erlebnis nicht mehr missen wollen. Aber jemand muss halt die Vorauswahl treffen…
(Zu allen genannten Filmen finden sich Reviews auf badmovies.de…)
Und damit ihr euch ein Bild von dem Wahnsinn machen könnt, den der liebe Markus hier beschreibt, gibts hier ein paar Ausschnitte und Trailer von den meisten der hier genannten Trashfilmen:
Glen or Glenda (mit Regisseur Ed Wood in der Hauptrolle):
Gefangene im Weltraum (Ausschnitt):
Turkish Star Wars:
"und unsportlich"
er hat schon mal mit jackie chan fußball gespielt!!!1
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Ich bin ja der Meinung, "Turkish Star Wars" hätte an die Stelle von "Vertigo" als bester Film aller Zeiten gehört.