Kommissar Dobranski glaubt, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, als er mit seiner Ex-Frau und seinem Sohn Theo seinen ersten Urlaub seit 20 Jahren mit einem unfreiwilligen Familienausflug verbringen muss. Dabei haben seine richtigen Probleme noch nicht einmal angefangen. Als bei einem Halt an der Tankstelle seine Ex entführt wird, macht er dennoch keine Freudensprünge (ich würds tun bei der Nervensäge), sondern versucht herauszufinden, wer denn dahinter steckt. Diese Frage ist schnell geklärt. Bei den Entführern handelt es sich um Handlanger von Vargas, dem ungekrönten König des Kiez. Vargas will auf die (etwas umständliche) Tour erreichen, dass Dobranski die ebenfalls entführte Tochter von Vargas befreien soll. Dobranski darf keine Zeit verlieren…
Kommissar Dobranski – Familienbande
Mit Folge 12 fand die Hörspielreihe rund um den bärbeißigen Dobranski ihr Ende. Leider Gottes ist „Familienbande“ bestenfalls als Glasuntersetzer in CD-Form zu gebrauchen. Das liegt vor allem an zwei Dingen. Erstens ist der Plot sehr an den Haaren herbeigezogen. Wieso sollte ein Kiezpate darauf bestehen, dass ein Kommissar sich um die Entführung seiner Tochter kümmert? Auf die Frage könnte es sicher jede Menge interessanter Antworten geben, nur: Man bekommt leider gar keine zu hören. Vargas taucht in der Reihe hier zum ersten und damit auch letzten Mal auf, Background zu ihm gibt es nicht. Dazu kommen dann auch noch Logiklöcher wie das folgende: Woher wissen Vargas‘ Leute eigentlich, dass Dobranski und Anhang dort sind, wenn der Ausflug doch eine spontane Sache war? Von Dobranskis Kollegen weiß Vargas nur, dass Dobranski im Urlaub ist. Frage 2: Warum macht Vargas die Übergabe von Dobranskis Ex unnötig kompliziert und sorgt letzten Endes dafür, dass er eingeknastet wird, wenn er davor sorgfältig darauf geachtet hat, keine direkten Beweise zu hinterlassen? Er hätte sie doch einfach irgendwo absetzen können, Dobranski hätte seine bescheuerte Nervensäge von Tochter doch ohnehin keine Sekudne länger freiwillig behalten.
Eine schrecklich nette….nein, eigentlich nur schreckliche Familie
Die Sache, die dem geneigten Hörer die Freude aber endgültig verleidet, ist Dobranskis Anhang. Ist Reinhilt Schneider als besserwisserische Marianne Dobranski schon in den anderen Hörspielen nur schwer auszuhalten, erhält sie hier auch noch Unterstützung von Monty Arnold in seiner Rolle als Dobranskis schwulen Sohn Theo, dessen Bestimmung es offenbar ist, mit einer Fistelstimme in voller Lautstärke Lieder von Marianne Rosenberg zu singen und Jack aus Will & Grace wie einen glaubhaften Charakter aussehen zu lassen. In dem Moment als er gescherzt hat, dass er erst nachsehen muss, ob sein Papa seine Dienstwaffe daheim gelassen hat, bevor er nochmal „Theo wir fahren nach Lodz“ singt, habe ich inständig gebetet, dass eben jene Pistole möglichst schnell zum Einsatz kommt. Deshalb verstehe ich nicht wirklich, warum Dobranski es so eilig hat, seine Ex zu retten. Ich an seiner Stelle wäre den Entführern maximal nachgefahren, um sie zu fragen, ob sie Theo nicht auch gleich mitnehmen können. Dann hätte ich gewartet, bis entweder die Entführer völlig entnervt frewillig bei der nächsten Polizeistation einchecken, oder die Leichen von Marianne und Theo aus dem Hafen gefischt werden.
Wenn man sich die Tochter von Vargas etwas genauer ansieht, stellt sich allerdings auch die Frage, warum Papa seinen Lendensproß unbedingt gerettet haben will und nicht einfach eine neue Tochter zeugt. Die ist nämlich die einzige Person in der gesamten Hörspielreihe, der man die Pest fast genauso sehr an den Hals wünscht, wie Marianne und Theo und verweist damit unter anderem immerhin die weibliche Antwort auf Josef Fritzl aus Folge 11, „Ein Heim für HaJo“, und die zwei Mütter, die in „Amerikanische Verhältnisse“ ihre Kinder des Geldes wegen erschießen lassen, auf die Plätze.
Wie ich in zwei Szenen alle Hörer gegen mich aufbringe – eine Anleitung
Da sie diese Leistung in nur zwei Szenen vollbringt, will ich diese mal unter die Lupe nehmen. Da wäre erstens die Entführung selbst. Unser Opfer in spe geht mit zwei Leibwächtern shoppen, als plötzlich ein Wagen mit quietschenden Reifen vorfährt und den einen Bodyguard gleich mal auf die Hörner nimmt. Der wird auch gleich offenbar mit ner Uzi erschossen, während Nummer 2 vom zweiten Entführer per Flammenwerfer (!) zu einem Grillkotelett verarbeitet wird. Während jeder andere sich jetzt wohl amtlich in Hose machen würde vor Angst, hat unser Opfer nichts besseres zu tun, als die Harte zu markieren und Sachen wie „Mein Alter mach euch kalt!“ durch die Gegend zu brüllen. Äh, Mädel: Die zwei schrecken vor einem zünftigen Doppelmord auf offener Straße nicht zurück um deiner habhaft zu werden und du glaubst echt, dass die ein gesteigertes Problem damit hätten, dir den Hals umzudrehen, wenn du ihnen zu sehr auf die Nerven gehst?
Szene 2 ist aber noch schöner. Dobranski hat es irgendwie geschafft, sich an das Versteck der Entführer heranzuschleichen und will dem Mädchen durchs Fesnter verklickern, dass er ihr großer strahlender Retter sein will. Die schafft es tatsächlich, Dobranski so lange in ein Gespräch zu verwickeln, bis die einzige abgestellte Wache es schafft, diesen mit einer Schaufel KO zu schlagen (wobei das auch nicht gerade für Dobranski spricht, dass er das zulässt). Der Schläger möchte Dobranski gleich lebendig begraben, ist aber selber blöd genug, das Entführungsopfer nicht wegzusperren (oder – noch besser – gleich mitzubegraben), sodass Dobranski sich von der blöden Göre retten lassen darf. Ich bin mir nicht sicher, wer von den dreien den „Dumm, dümmer, am dümmsten Award 2012“ gewinnen sollte, deshalb bekommen ihn einfach alle miteinander.
Gute Sprecherleistung als verlorene Liebesmüh
Die Sprecher sind hier wie immer auf gewohnt hohem Niveau. Konrad Halver spielt den Kommissar mit einer solchen Inbrunst, dass man fast vergessen könnte, dass es sich hier „nur“ um eine Rolle handelt, auch wenn er in der Erzählerfunktion oft ein wenig zu geschwätzig ist (was aber nicht am Sprecher liegt, sondern am Skript). Die anderen fallen ebenfalls nicht negativ ab, leider taucht Klaus Dittmann als Vargas etwas zu selten auf, die Figur ist völlig unterentwickelt. Sonita Sodhi bemüht sich als Vargas‘ Tochter auch redlich, wird aber (genauso wie Reinhilt Schneider und Monty Arnold) von den Blödheiten des Skripts und der Regie regelrecht erschlagen. Das zeigt mal wieder, dass selbst die beten Sprecher aus einer schlechten Vorlage kein gutes Hörspiel machen können.
Fazit zu Kommissar Dobranski – Familienbande
Abschließend kann nur gesagt werden, dass Folge 12 dieser Reihe schon von Anfang an eine Totgeburt war. Die Idee ist viel zu sehr kontruiert und weit hergeholt, die Figuren sind allesamt bescheuert und/oder enervierende Nervensägen und so jagt bis zum Ende ein Kopfpatschmoment den nächsten.